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In vielen Handwerksberufen gehören körperlich schwere Tätigkeiten und das lange Verharren in einer ungesunden Arbeitshaltung zum Berufsalltag. Diese können gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Was zunächst mit verspannten Muskeln oder einem gelegentlichen „Zipperlein“ in den Gelenken beginnt, kann sich mit fortschreitendem Alter zu chronischen Rückenschmerzen entwickeln – diese können im schlimmsten Fall bis zur Berufsunfähigkeit führen. Um Schmerzen vorzubeugen oder zu lindern, ist es wichtig, dass Sie rückenschonend arbeiten. Die wichtigsten Tipps hierzu haben wir in diesem Ratgeber für Sie zusammengestellt.

Rückengerechtes Arbeiten: Ihrer Wirbelsäule zuliebe

Fast jeder zweite im Handwerk tätige Mensch leidet Umfragen zufolge unter Rückenschmerzen. Das ist nicht verwunderlich, denn auf der Wirbelsäule lastet nicht nur ein Großteil des Körpergewichts, sie muss auch bei jeder Bewegung das Vielfache davon abfedern. Die Wirbelsäule muss also einerseits stabilisieren und andererseits sehr flexibel sein, um eine große Beweglichkeit des Rumpfes ermöglichen. Dabei wird sie von den umliegenden Sehnen, Muskeln und Bändern unterstützt.

Damit dieses Zusammenspiel reibungslos funktioniert, sollte ein Gleichgewicht zwischen Be- und Entlastung bestehen. Einseitige Belastung vermeiden Sie bestenfalls ganz, denn dann können sich die beteiligten Bandscheiben, Muskeln und Sehnen nach Momenten der Anspannung wieder regenerieren. Chronische Schmerzen entstehen auf diese Weise gar nicht erst.

Bei vielen Handwerksarbeiten wird die Wirbelsäule jedoch einseitig und zu stark belastet. Die notwendigen Erholungsphasen fallen oft zu kurz aus. Eine dauerhaft gebückte Arbeitshaltung belastet die Muskulatur im Rücken. Idealerweise stehen für das Heben schwerer Objekte am Arbeitsplatz mobile Kräne oder Hochhubwagen bereit, doch derlei Equipment ist nicht immer zur Hand. Das körperliche Anheben und Tragen großer Lasten vom Boden beansprucht vor allem die untere Wirbelsäule stark.

Je häufiger Sie einseitige, stark belastende Tätigkeiten ausführen, umso größer ist die Gefahr, dass Ihr Rücken mit den folgenden Symptomen reagiert:

  • verspannte und verhärtete Muskeln
  • eingeschränkte Beweglichkeit
  • ziehende Schmerzen beim Heben
  • „steifes“ Gefühl nach längeren Ruhephasen (z. B. morgens beim Aufstehen)

All diese Symptome sind Warnzeichen des Rückens, die Sie unbedingt ernst nehmen sollten. Denn üblicherweise verschlimmern sich die Beschwerden mit der Zeit, wenn die einseitige Belastung regelmäßig stattfindet und Sie nicht aktiv etwas gegen derlei Verschleißerscheinungen unternehmen: Die Wirbelkörper nutzen unter einseitiger Belastung zunehmend ab; sie wölben sich vor und im schlimmsten Fall erleiden Sie einen Bandscheibenvorfall. Dabei können sogar die Nervenstrukturen geschädigt werden. Diesem Szenario beugen Sie vor, indem Sie rückenschonend arbeiten und in der Freizeit für einen Bewegungsausgleich sorgen.

„Schreiben Sie Ergonomie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Wahl Ihrer Werkzeuge groß. Wenn Sie sich zusätzlich bewusst bewegen und Ihre Rückenmuskulatur mit regelmäßigem Sport oder gezielter Gymnastik stärken, haben Sie die besten Voraussetzungen, um auch in Zukunft schmerzfrei zu bleiben“,

so John Langendoen, Physiotherapeut, Autor und Fachlehrer für Manuelle Therapie.

Rückenschonend arbeiten und bewegen – so schützen Sie Ihre Rückengesundheit

Im Optimalfall beschäftigen Sie sich schon zu Beginn Ihres Berufslebens damit, wie Sie Ihre Arbeit möglichst ergonomisch ausführen. Doch auch wenn Sie bereits unter Beschwerden leiden, ist es nicht zu spät, um den Rücken zu entlasten. Dabei können Sie die folgenden Grundlagen des rückenschonenden Arbeitens und Bewegens umsetzen:

  1. Nutzen Sie Hilfsmittel für schweres Heben am Arbeitsplatz

    Hilfsmittel erleichtern das rückenschonende ArbeitenNutzen Sie vor allem beim Stapeln und Heben Hilfsmittel, z. B.:
    · Stehhilfen entlasten Wirbelsäule und Gelenke, verbessern die Ergonomie am Steharbeitsplatz und beugen Ermüdung vor
    · Anti-Ermüdungsmatten wirken stoßdämpfend und fördern die Durchblutung
    · Sicherheitsschuhe schützen vor Verletzungen und beugen Gelenkverschleiß vor
    · Mobile Werkstattwagen befördern schwerere Geräte und Werkzeuge
    · Hebezeuge und Hebegeräte erleichtern das Heben verschiedenster Objekte
    · Hubwagen bewegen Lasten bei minimalem Kraftaufwand

  2. Heben und tragen Sie Lasten rückenschonend

    Rückenschonend arbeiten und tragenStellen Sie die Füße schulterbreit auseinander und verteilen Sie Ihr Gewicht gleichmäßig auf die Beine. Gehen Sie mit geradem Rücken in die Hocke, aber nicht zu tief, da das Anheben sonst mehr Kraft erfordert. Spannen Sie die Bauchmuskulatur an und heben Sie den Gegenstand langsam, nah am Körper, an, während Sie ausatmen. Rücken und Schultern bleiben gerade. Richten Sie sich mit der Kraft aus den Beinen auf.
    Verdrehen Sie nie die Wirbelsäule, um Lasten umzusetzen. Beugen Sie den Oberkörper nicht zurück, ziehen Sie die Schultern nicht hoch. Machen Sie stattdessen Wendeschritte und drehen Sie den ganzen Körper mit der Last nah am Bauch bzw. der Brust.

  3. Bewegen Sie sich rückengerecht und abwechslungsreich

    Zum rückenschonenden Arbeiten gehört das richtige und abwechslungsreiche BewegenHalten Sie Kopf und Rücken stets gerade. Vermeiden Sie ein Hohlkreuz und das Hochziehen der Schultern. Legen Sie während monotoner Arbeiten regelmäßig Pausen ein. Machen Sie gezielt Gegenbewegungen zu Ihrer Tätigkeit, um Verkrampfungen zu lösen.
     
    Nach langem Sitzen laufen Sie einige Schritte oder wippen im Stehen von den Fersen zu den Zehen. Arbeiten Sie ggf. zeitweise auf einem Gymnastikball, das entlastet die Bandscheiben und trainiert die Haltemuskulatur. Nach langem Knien strecken Sie sich und drehen den Oberkörper nach rechts und links. Nach langem Stehen legen Sie einige Minuten die Beine hoch, damit Gelenke und unterer Rücken entspannen.
     
     

  4. Stärken Sie Ihre Muskulatur in Rücken und Beinen

    Eine starke Muskulatur ist wichtig, um rückenschonend zu arbeitenMachen Sie täglich einige Dehnungs- und Kräftigungsübungen für Rücken, Bauch und Gesäß. Lassen Sie sich (betriebs-)ärztlich zu geeigneten Übungen und deren korrekter Ausführung beraten.
     
    Jeder größere Handwerksbetrieb sollte im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements ermitteln, an welchen gesundheitlichen Problemen Mitarbeitende durch ihre Tätigkeit leiden. Sofern Rückenschmerzen weit verbreitet sind, sollte der Betrieb Präventionsmaßnahmen anbieten, z. B. ergonomische Arbeitsplätze, regelmäßige Gesundheitschecks, Rückenschulen, Gymnastik- oder Pilateskurse sowie Schulungen zum rückenschonenden Arbeiten.
     
     
     

Auch Krankenkassen bieten häufig geeignete Programme an. Da Rückenschmerzen weit verbreitet sind und jedes Jahr beachtliche Kosten verursachen, bieten die meisten Krankenkassen ihren Mitgliedern selbst Präventionskurse an, häufig ist auch ein Zuschuss für externe Programme möglich.
Holen Sie vorab ärztlichen bzw. physiotherapeutischen Rat ein, um sicherzustellen, dass bestimmte Übungen für Ihre individuelle Situation geeignet sind und keine bestehenden Verletzungen oder Erkrankungen verschlimmern.

FAQ über rückenschonendes Arbeiten

Was bedeutet „rückenschonendes Arbeiten“?

Rückenschonendes Arbeiten bedeutet, Arbeitsbedingungen und Arbeitsmittel so zu gestalten, dass der Rücken beim Ausführen der nötigen Tätigkeiten geschont wird. Ziel ist es, Rückenbeschwerden und -verletzungen vorzubeugen und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmenden zu fördern.

Warum sollte man rückengerecht arbeiten?

Eine dauerhaft gebückte Arbeitshaltung und schweres Heben am Arbeitsplatz belasten die untere Wirbelsäule stark und einseitig. Ohne die notwendige Regeneration kann das zur Abnutzung der Wirbelkörper oder zum Bandscheibenvorfall führen, bei dem auch die Nerven geschädigt werden können. Rückenbeschwerden und -verletzungen sind eine häufige Ursache für Arbeitsausfälle und Krankheiten. Rückenschonendes Arbeiten zielt darauf ab, den Rücken durch die Arbeit nicht mehr als nötig zu belasten und dadurch Ermüdung, Überlastung und Schmerzen vorzubeugen.

Wer ist für rückenschonendes Arbeiten verantwortlich?

Arbeitgebende Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu gewährleisten, einschließlich rückenschonender Arbeitsbedingungen und -mittel. Arbeitnehmende sind jedoch auch dafür verantwortlich, rückenschonende Arbeitsmethoden zu erlernen und anzuwenden, um ihre eigene Gesundheit zu erhalten.

Wie kann man rückenschonend arbeiten?

Für rückengerechtes Arbeiten sind sowohl die passende Arbeitsplatzausstattung als auch gesunde Körperhaltung und Bewegungsabläufe bei der Arbeit entscheidend. Nehmen Sie immer eine aufrechte Haltung ein und üben Sie sich im rückenschonenden Heben:

• Stellen Sie die Füße etwa schulterbreit auseinander und verteilen Sie Ihr Gewicht gleichmäßig auf beide Beine.
• Gehen Sie in die Hocke und achten Sie darauf, dass Ihr Rücken gerade bleibt. Sie sollten nicht zu tief hocken, da das Anheben des Gegenstands sonst mehr Kraft erfordert.
• Nehmen Sie den Gegenstand möglichst nah an Ihren Körper.
• Heben Sie den Gegenstand kontrolliert und langsam an, während Sie ausatmen, und halten Sie Rücken und Schultern dabei gerade.
• Verdrehen Sie den Rücken nicht, wenn Sie Lasten tragen bzw. umsetzen, sondern drehen Sie den ganzen Körper mittels mehrerer Schritte um.

Wie kann man Rückenschmerzen durch schwere Arbeit vorbeugen?

Ist Ihre Arbeit mit sehr monotonen Bewegungsabläufen verbunden oder müssen Sie sogar über Stunden in einer ähnlichen Körperstellung verharren, sollten Sie regelmäßige Pausen einlegen, in denen Sie gezielte Gegenbewegungen zur Entspannung ausführen.

• Wenn Sie viel sitzen, laufen Sie einige Schritte oder wippen Sie im Stehen von den Fersen zu den Zehenspitzen und zurück.
• Knien Sie während der Arbeit auf dem Boden, stehen Sie auf, strecken sich ausgiebig und drehen Ihren Oberkörper nach rechts und links.
• Üben Sie Ihre Arbeit im Stehen aus, legen Sie im Pausenraum kurz die Beine hoch.
• Stärken Sie die Muskulatur in Rücken, Gesäß und Bauch durch gezielte Dehnungs- und Kräftigungsübungen (z. B. Rückenschule oder Gymnastik-Kurse).

Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse nach geeigneten Programmen und Zuschüssen.

Bildquellen:
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